Zur Orientierung für Menschen mit Behinderungen

"Ex und Hopp(s)" in der Presse!

Über unser Kooperationsprojekt "Ex und Hopp(s) oder gibt es Strom im Jenseits?" wurde in der Berliner Zeitung berichtet!

Den Artikel können Sie entweder auf der Seite der Berliner Zeitung finden oder einfach direkt hier:

 

Anruf aus dem Jenseits, Ableben im Haifischmaul: Wie spielt man den Tod?

Wohl jeder Mensch will friedlich aus dem Leben scheiden, einfach einschlafen. Dass es meist anders läuft, zeigt ein Theaterstück von Hospizarbeitern in Berlin.

von Nicole Schulze

12.04.2024 | 21:44 Uhr

 

In der heutigen Zeit mag sich niemand so recht mit dem Tod beschäftigen. Die meisten Menschen hoffen auf ein stilles, schmerzfreies und schnelles Dahinscheiden im Schlaf. Die Erfahrung zeigt: Es ist den wenigsten vergönnt.

Wer wüsste das besser als Hospizangestellte und Ehrenamtliche, die Sterbende begleiten? Vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen haben Berlinerinnen und Berliner nun ein Theaterstück konzipiert, das den Tod und die damit verbundene Frage „Wie wollen wir sterben?“ auf die Bühne bringt.

Es wird gezeigt am Sonntag, den 14. April, in der Ufa-Fabrik in Tempelhof (Viktoriastraße 10, 16 Uhr, Eintritt: 12 Euro) sowie am Donnerstag, den 18. April, in der Regenbogenfabrik in Kreuzberg (Lausitzer Straße 1a, 19 Uhr, Eintritt auf Spendenbasis).

Was Sie erwartet und warum das Thema so wichtig ist, verraten die beiden Köpfe hinter der Inszenierung: Eva Bittner und Stefan Schütz.

Sterben zur Probe? Ein Test zum Lachen und Weinen

Die Hauptgeschichte des Theaterstücks „Ex und Hopp(s)“ dreht sich um eine fiktive Speditionsfirma, die in einer Zeitung inseriert, man könne probesterben.

Den eigenen Tod ausprobieren – so, als könne man das Sterben planen, ein Testlauf des großen Finales. Es ist ein makabres Experiment, das man hier zu sehen bekommt.

Zur Auswahl, so erfahren Interessierte, stehen beispielsweise der Tod durch Orgasmus, ein Verkehrsunfall, aber auch die Sterbehilfe in der Schweiz. „Preis pro Szenario: 1000 Euro, für Pflegekräfte anerkannt als Bildungsurlaub“, steht auf dem Werbeflyer der Spedition.

Und so deklinieren die Darstellenden verschiedene Situationen durch. Dabei darf auch gelacht werden oder geweint – je nach Situation. Still wird es meist, wenn eine Spielerin, die eine tote Frau mimt, bei ihrer Tochter anruft, um sich für einen Streit wegen des Abiballkleides zu entschuldigen. Daher auch der Untertitel des Stücks: „Gibt es Strom im Jenseits?“

„Sie erreicht dann nur den AB und spricht drauf“, erzählt Theaterwissenschaftlerin Eva Bittner, die eigentlich schon in Rente ist, aber noch immer aktiv beim Theater der Erfahrungen mitmischt, das sie vor 44 Jahren gegründet hat.

Stefan Schütz bringt das praktische Wissen in die Aufführung ein. Er ist Sozialpädagoge und Leiter des ambulanten Hospizdienstes im Nachbarschaftsheim Schöneberg. „Mit solchen Geschichten wollen wir den Menschen zeigen, dass man auch sehr plötzlich und gänzlich ungeplant aus dem Leben gerissen werden kann.“

Unterbrochen wird die Erzählung von pantomimischen Szenen, Zwischenspiele genannt. So sieht man beispielsweise, wie ein Kind – dargestellt von einer Frau – im Meer versinkt und offenbar von einem Hai gefressen wird.

„Das Geschehen spielt sich hauptsächlich im Kopf des Publikums ab, die Impulse gehen von den Gesichtern des Paares aus, die die Eltern des Kindes mimen“, sagt Eva Bittner.

Kein Geschrei, kein Blut, nur vor Entsetzen aufgerissene Augen, die pure Verzweiflung angesichts des Unfassbaren.

Das Stück wird von pantomimischen Zwischenspielen unterbrochen. Hier zu sehen: Zirkusgäste beobachten den Fehlwurf eines Messerwerfers.

Wie kann man den Tod spielen?

Auf der Bühne stehen neben Amateurschauspielerinnen Menschen, die alltäglich mit dem Tod in Berührung kommen: ehrenamtliche Sterbebegleitende, Hospizangestellte.

„Sie alle wissen aus der Praxis, wie sich die Phasen rund um den Tod gestalten, was in den Menschen vorgeht. Und all das legen sie in ihren Auftritt“, sagt Stefan Schütz, der zusammen mit Eva Bittner das – aus vielen Improvisationen entwickelte – Stück „ersponnen, erdacht und umgesetzt“ hat, wie die Lichtenraderin mit einem Lachen erzählt.

Auf der Bühne gibt es auch einen Bassisten, der beispielsweise eine Szene mit dem Kind, das von einem Hai gefressen wird, mit dem Lied „Pack die Badehose ein“ einleitet.

Die Gegensätze zwischen Frohsinn und Bestürzung sind gewollt – sie gehören zum Alltag im Hospiz dazu und finden deshalb auch auf der Bühne statt.

Im Theaterstück „Ex und Hopp(s)“ wird auch das Gespräch einer verstorbenen Koma-patientin mit einer Pflegerin dargestellt. Für diese ist das eine Fortbildung der anderen Art.

„Dass eine schöne Stimmung schnell ins Unglück kippen kann, ist eine Erfahrung, die viele Menschen machen“, weiß Eva Bittner. „Aber wir zeigen keine Brutalität, sondern die Emotionen.“ Es soll um Gedankenexperimente gehen und um die dadurch entstehenden Gefühle.

„Insgesamt ist das Thema Tod ja sehr schwer“, ergänzt Stefan Schütz. Früher wurde zu Hause gestorben, die Verblichenen wurden aufgebahrt, man nahm Abschied.

Heute ist der Tod weitgehend steril, outgesourct, tabuisiert. „Daher haben wir das Ganze in einer Science-Fiction-Szenerie angesiedelt, um es mit Ironie und Humor verdaulicher zu machen.“

Insgesamt dauert das Stück eine gute Stunde, auf der Bühne stehen in wechselnden Konstellationen 15 Personen im Alter zwischen Anfang 40 und Ende 80.

Das Anliegen der Truppe: „Wir möchten aufgrund unserer Erfahrungen die Menschen dazu anregen, über das Sterben nachzudenken und vielleicht auch die eigenen Erwartungen zu reflektieren“, fasst Eva Bittner zusammen.

Denn: „Der Tod geht uns alle an“, so Stefan Schütz. „Wir zeigen auf der Bühne, wie es im wahren Leben auch ist. Der Tod ist selten planbar. Es ist schön, wenn es gelingt, sich dem Prozess hinzugeben.“

Kontakt

Theater der Erfahrungen - Werkstatt der alten TalenteVorarlberger Damm 112157 BerlinStandort / BVG Fahrinfo
Theater der Erfahrungen - Werkstatt der alten TalenteVorarlberger Damm 112157 Berlin
030 8 55 42 06Fax 030 8 55 43 78E-Mail senden
LeitungGrit Höseler-Irmak

Förderung

Das Projekt in der Trägerschaft des Nachbarschaftsheims Schöneberg e. V. wird  gefördert durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung sowie den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (LV Berlin).

 

Förderverein

Der Förderverein
THEATER DER ERFAHRUNGEN e. V.
ist gemeinnützig und unterstützt die Arbeit des Theaters ideell und materiell.

Mehr dazu